Als die gemeinnützige Rettungs- und Auffangstation Merazonia 2004 mitten in den Anden im ecudorianischen Dschungel von vier Mittzwanzigern gegründet wurde, gab es noch nicht einmal eine Straße. Daher dauerte es auch fünf Jahre bis das erste Tier, Tamarinaffe Lukas, nach Merazonia kam. Denn die Station zu errichten, eine Straße zu bauen und den ganzen Papierkram zu erledigen, nahm einige Zeit in Anspruch. Mittlerweile leben zahlreiche Tiere dort, darunter Tamarin-, Kapuziner-, Woll- und Brüllafen, ein Puma, Meeressäuger sowie Papageien.
Tiere einzugliedern als Ziel
Die vier Gründer kannten sich aus mit Freiwilligenarbeit- sowie Wildlife-Projekten und wollten daraufhin ein Projekt nach ihren Vorstellungen aufziehen. Merazonia oberstes Ziel sollte es sein, Tiere wieder in die Natur einzugliedern. Freiwillige waren von Anfang an vonnöten, sie halfen beim Aufbau der Station und heute unterstützen sie die Besitzer Frank und Jennifer in ihrer täglichen Arbeit. Aufgrund der Lage der Station ist das Center nicht unbedingt für Freiwillige mit Behinderungen geeignet. Denn nicht nur der Weg dorthin ist – obwohl es mittlerweile immerhin eine Zufahrtsstraße gibt – beschwerlich, auch die Wege vor Ort sind verwinkelt und holprig. Zudem ist in Merazonia in erster Linie körperliche Arbeit gefragt. Welch große Rolle die Freiwilligen vor Ort spielen, zeigt die Tatsache, dass auch die anfallenden Kosten für die Versorgung der Tiere von den Geldern der Freiwilligen bestritten werden. Anderweitige Unterstützung gibt es nicht, auch Touristen sind auf Merazonia nicht erlaubt, um die Wiedereingliederung der Tiere nicht zu behindern. Für besondere Wiedereingliederungs-Programme und neue Gehege werden gesondert Spenden gesammelt.
Auf tatkräftige Unterstützung von Volontären angewiesen
Merazonia wird von einem kleinen Management-Team geführt, daneben ist man auf die tatkräftige Unterstützung der Volontäre angewiesen – derzeit sind es zwischen sechs und elf, die von zwei bis vier Koordinatoren angeleitet werden. Ein Tierarzt, der sich auf wilde Tiere spezialisiert hat, unterstützt das Team vor Ort. In diesem Jahr feiert Merazonia zehnjähriges Bestehen und es gibt einen weitern Grund zu feiern: 20 Prozent der Tiere, die in der Rettungsstation aufgenommen und aufgepäppelt werden, können danach wieder in Freiheit entlassen werden. In der Regel werden die Tiere vom ecuadorianischen Umweltministerium nach Merazonia gebracht. „20 Prozent ist eine ziemliche hohe Quote, besonders, wenn man bedenkt, dass die meisten in der Zeit im Center Kontakt mit Menschen hatten“, erklärt Frank. Bisher wurden erfolgreich „Einzelgänger“ wie Faultiere, Wildkatzen und Otter wieder in das Tierreich eingegliedert. „Über die Freilassung des Otters hat das
ecuadorianische Fernsehen sogar einen Beitrag gemacht“, erzählt Frank. Auch Tamarinäffchen wurden schon erfolgreich wieder eingegliedert. Größere Arten wie Wollaffen sind das nächste Projekt, da diese sich aber gerne in der Gruppe aufhalten, ist die Wiedereingliederung deutlich komplizierter, zeitaufwändiger und kostenintensiver. Manchmal kann es Jahre dauern, bis ein Tier wieder die ersten Schritte in Freiheit gehen kann. Die Volontäre müssen dies bei ihrer täglichen Arbeit im Hinterkopf haben. Merazonia ist also alles andere als ein Streichelzoo, wer solche Erwartungen hegt, ist dort an der falschen Stelle.
Langzeit-Volontär kümmert sich um Baby-Affen
Einige Tiere, beispielsweise Baby-Affen, müssen dagegen besonders aufgepäppelt werden. Um diese kümmert sich ein extra dafür abgestellter Langzeit-Volontär, damit die Affen immer eine und dieselbe Bezugsperson haben. Dennoch sollen sie sich nicht zu sehr an den Menschen gewöhnen, damit sie eine Chance haben, eines Tages in Freiheit zu überleben. Die große Mehrheit der Tiere wird allerdings für immer auf Merazonia bleiben. „Denen versuchen wir das Leben so angenehm wie möglich zu machen, unter anderem mit Unterkünften, die ihrem natürlichen Lebensraum so nah wie möglich kommen“, so Frank.
Zwei große Futterrunden am Tag
Damit dass alles reibungslos funktioniert, ist ein straffer Tagesablauf auf Merazonia an der Tagsordnung, schließlich müssen die Tiere zwei Mal am Tag gefüttert werden. Eine „Futterrunde“ nimmt allein zwei bis drei Stunden in Anspruch. Eine Aufgabe der Freiweilligen, die mindestens 18 Jahre alt sein und entweder Englisch oder Spanisch sprechen können müssen, ist es, um 7.30 Uhr dabei mitzuhelfen, das Futter zuzubereiten. Danach werden die Freiwilligen in verschiedene Gruppen eingeteilt, eine ist dafür zuständig, das Futter zu verteilen, die andere, die Käfige sauber zu machen. Danach steht ein gemeinsames Frühstück auf dem Programm. Für den Tag bekommt jeder Volontär eine Aufgabe zugeteilt. Die lustigste ist vielleicht Grashüpfer zu fangen, um damit die Affen zu füttern.
Andere bauen neue Gehege für die Tiere, wieder andere zupfen Blätter von den Bäumen, die ebenfalls verfüttert werden. Nach einem gemeinsamen Mittagessen steht eine weitere Futterrunde an. Danach ist Freizeit angesagt – schwimmen im Fluss, den Dschungel erkunden oder einfach eine Runde in der Hängematte abhängen. In der Woche ist ebenfalls ein kompletter Tag zur freien Verfügung. Da es auf Merazonia keinen Strom gibt, kann der freie Tag ebenfalls gut dazu genutzt werden, um einen Auflug nach Baños oder Puyo zu machen und dort seinen Akku aufzuladen. Generell dürfte es in der Abgeschiedenheit des Urwalds sehr schnell gehen, seine persönlichen Akkus wieder aufzuladen, vor allem, wenn man die Natur und Tiere liebt. Bisher waren Freiwillige aus der ganzen Welt zu Gast.
Wer sich für Freiwilligenarbeit auf Merazonia interessiert, bekommt auf http://www.merazonia.org/ mehr Infos, zudem findet ihr hier noch ein Interview und hier ein Erfahrungsbericht.