Strassenhunde in Nicaragua

Voluntärin streichelt einen Hund

Mit einem Taxi geht es in einen Außenbezirg der Stadt León in Nicaragua. Hier verändert sich das gepflegte Bild Leóns, das man aus dem Zentrum gewohnt ist. In einem kleinen Haus lebt dort Angeles, mit zurzeit 14 Hunden auf ihrem Grundstück. Es sind nicht alle ihre, die meisten sind nur vorübergehend hier. Sie werden von Angeles von der Straße oder aus Familien herausgeholt, wieder aufgepäppelt und dann in ein Zuhause vermittelt. Hoffentlich für immer…

 

Das Projekt ……

Als man das Haus von Angeles betritt, stürmen sogleich viele Hunde auf einen zu. Viele sind kontaktfreudig und aufgeweckt, andere wirken sehr ängstlich. Manche sind gerade frisch operiert, wie beispielsweise ein kleinerer Hund, dem vor kurzem erst ein Tumor aus dem Gesicht operiert worden ist. Zwei Hunden fehlt ein Bein und ein Weiterer trägt einen „Trichter“ um den Hals, damit er sich nicht die noch frische Naht einer OP am Hinterbein aufbeißt. Es ist unschwer zu erkennen, dass diese Hunde alle Leid auf unterschiedlichste Weise erfahren haben und nun hier auf dem Weg der Besserung sind. Angeles hat vor ca. 1,5 Jahren damit begonnen, Straßenhunde in der Nachbarschaft zu füttern und sie vor dem Verhungern zu retten. Schnell bekam sie Aufmerksamkeit von Freunden und Menschen aus der Umgebung und es gründete sich daraus eine größere Gruppe, die engagiert war, Strassenhunden zu helfen. Heute ist daraus ein ganzes Netzwerk um León geworden. Auch durch eine Facebookseite „Angeles con cuatro patas“ (Angeles mit vier Pfoten) erhält sie immer mehr Unterstützung in ihrer Arbeit. Das Tierschutzprojekt von ihr finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Freunde und Bekannte helfen gerne mit Futterspenden, Spendenaufrufe werden über Facebook gestartet und auch ein befreundeter Tierarzt behandelt und operiert die Tiere meistens umsonst oder so günstig wie möglich.

Mitarbeiterin mit Hunden aus dem Projekt

Anfallende Arbeiten im Projekt

Heute ist „Waschtag“! Nach einem längeren Gespräch mit Angeles über das Projekt dürfen wir nun hautnah miterleben, wie ein Hund nach dem anderen gewaschen wird. Vierzehn Hunde sind an der Reihe. Und man stellt fest: auch in Nicaragua mag es wirklich kein Hund, gebadet zu werden. Alle Hunde müssen hier mit einem speziellen Mittel gegen Flöhe gewaschen werden, denn viele Strassenhunde, die Angeles aufnimmt, sind davon befallen.

Neben diesen Aufgaben hat Angeles auch sonst alle Hände voll zu tun. Sie ist mittlerweile in ihrer Gegend sehr bekannt und wird oft gerufen, wenn verletzte Hunde auf der Straße gefunden werden oder Tiere wegen schlechten Haltungsbedingungen oder Misshandlungen vom Besitzer weggeholt werden müssen. Das können angefahrene Hunde sein, stark unterernährte Hunde, ausgesetzte Welpen auf der Müllkippe, geschlagene Hunde, alte und kranke Tiere – es gibt nichts, was es nicht gibt.. Oft wird Angeles auch von armen Familien gerufen, wenn ihr Tier Behandlung benötigt, sie aber finanziell nicht selbst dafür aufkommen können. Die schlimmsten Fälle nimmt Angeles selbst zu sich auf. Dann ist der erste Schritt erst einmal ein Check beim Tierarzt. Nicht selten benötigen die Tiere auch Operationen. Gerade solche müssen dann rund um die Uhr gepflegt und mit Medikamenten versorgt werden.

Und wenn die Hunde wieder fit sind? Dann kümmert sich Angeles um eine Adoptionsstelle. Es werden immer Familien gesucht, die Hunde aufnehmen. Temporär und – noch besser – für immer! Leider ist es nicht einfach, geeignete Familien zu finden. Angeles liegt es sehr daran, dass es ihren Schützlingen dann endlich auch gut geht. Es gibt ein Verfahren für die Aufnahme eines Tieres und auch regelmäßige Checks in den Familien, ob es den Hunden gut geht. Oft mussten die Tiere auch wieder aus den Familien herausgenommen werden, oder aber sie werden selbst zurück gebracht, z.B. wenn die Familie überfordert ist oder umzieht.

 

zwei Hunde klettern auf einen Baum

Neben Behandlung und Vermittlung auch Aufklärung

Leider ist das Verständnis für eine artgerechte Tierhaltung in Nicaragua noch nicht sehr stark verbreitet. Angeles ist mit Herz und Seele bei ihrer Arbeit. Ihr liegt es daher sehr am Herzen, dass sich auch langfristig etwas ändert. Sie wünscht sich ein „Umdenken“ bei den Menschen. Von einer Beziehung zu Tieren als Haustier sei man hier nämlich noch weit entfernt. Neben der Fütterung der Straßenhunde, fährt sie daher auch aktiv in ärmere Gemeinden für Aufklärungsgespräche. Auch auf größeren Festen und Veranstaltungen treffen sich Aktive aus dem Netzwerk um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Angeles erzählt mir, dass im April ein großer Marsch stattfindet, wo sie als Netzwerk von mehreren Tierschutzorganisationen für mehr Tierschutz marschieren. In Zukunft will sie vermehrt auch den Fokus auf Pferdehalter legen. Gerade Pferde werden in Nicaragua als Arbeitstiere gesehen und dementsprechend schlecht gehalten. Sie spricht Familien und Besitzer direkt an, um sie auf die schlechten Haltungsbedingungen und das Tierschutzgesetz aufmerksam zu machen. „Ich erkläre ihnen einfach, dass Tiere auch Gefühle haben.“ Viele haben davon leider noch nie etwas gehört…

Und die Reaktionen der Menschen?…

Viele Menschen wissen erst gar nicht, dass es ein Gesetz gibt und sind dann verwundert, wenn sie darauf angesprochen werden. Natürlich sehen die Meisen es nicht gerne, wenn man sie wegen der Haltung kritisiert oder gar ein Tier von dem Besitzer nehmen will. Daher hat sie auch gute Beziehungen zu der Polizei. Wenn die Tiere schnellstmöglich aus katastrophalen Bedingungen geholt werden müssen und die Besitzer sich dagegen stellen, muss nicht selten die Polizei mit einschreiten. Das ist vor allem der Fall bei vielen Pferdehaltern, weil diese auf die Pferde für ihre Arbeit angewiesen sind. Angeles erzählt mir, dass sie sich auch manchmal vor den Besitzern einfach selbst als Polizei ausgibt und aus dem Tierschutzgesetz zitiert. „Ich habe dadurch sogar schon einige Anzeigen bekommen, aber die Polizei steht stets hinter mir!“

Durch die Aufklärungsgespräche passiert aber auch viel Gutes. Immer mehr Menschen werden aufmerksam und fangen an zu verstehen. Viele wollen selbst aktiv werden und das Tierschutzprojekt unterstützen, durch Spenden oder einer aktiven Übernahme von Aufgaben. Um ganz León herum und auch bereits in anderen Städten entstehen somit immer mehr kleinere Gruppen, die sich selbst organisieren und aktiv sind.

kleiner Hund in einem Handtuch nach dem Baden

Volunteers werden dringend benötigt!

Schnell wird klar: Angeles hat mit ihrem Tierschutzprojekt alle Hände voll zu tun. Und es könnte noch so viel mehr getan werden. Gerade die Aufklärungsarbeit und die Ausweitung des Netzwerkes möchte sie intensiver verfolgen. Das nimmt aber viel Zeit in Anspruch. Schwierig ist daran auch, dass sie ihre „Schützlinge“ nicht lange allein zuhause lassen kann. Die kranken Tiere müssen rund um die Uhr gepflegt werden. Daher ist Angeles über alle helfenden Hände dankbar. Auch als Volunteer kann man an ihrem Projekt teilnehmen. Bis vor kurzem sei ein motivierter Volunteer vor Ort gewesen, durch dessen Unterstützung sie viel erreichen konnten. Nun sei er weiter gereist, nach Costa Rica. Jetzt wäre Angeles froh, wenn sich wieder neue Volunteers finden würden.

Wo können Volunteers mithelfen?

Die Idee, Angeles Tierschutzprojekt auch als Volunteer-Projekt anzubieten, ist gerade erst entstanden. Potential hat es, denn die Volunteers können hier tatkräftig mithelfen. „Je mehr Volunteers hier mithelfen, desto mehr kann man aus dem Projekt machen.“

Folgende Aufgaben fallen für die Volunteers an

  • Pflege und Betreuung der Hunde, gerade wenn Angeles einmal nicht zuhause ist
  • Tägliches Waschen
  • Spazieren gehen
  • Fütterung der Straßenhunde
  • Krankenpflege der Hunde
  • Tierarztbesuche
  • Mithilfe bei spontanen Fällen in der Nachbarschaft
  • Ausbau des Netzwerkes in anderen Städten
  • Mithilfe bei Aufklärungsgesprächen in der Gemeinde
  • Unterstützung bei Demonstrationen zum Tierschutz auf Veranstaltungen und Festen

Nach Interesse der Volunteers können sich auch weitere Aufgaben entwickeln. Natürlich hängt das, was gemacht werden kann auch immer von der Höhe der Spenden ab.

Voluntärin zusammen mit einem Hund

Was müssen sie mitbringen?

Es ist nicht wichtig, dass die Volunteers viel Erfahrungen mitbringen. Auch eine Mindestaufenthaltszeit ist nicht vorgeschrieben. Natürlich ist es immer besser, einen längeren Zeitraum im Projekt zu bleiben. Aber viel wichtiger ist Angeles die Liebe zu Tieren und das Interesse, freiwillig mitzuarbeiten. Im Umgang mit den Kranken Tieren erfordert es iel Geduld und Einfühlungsvermögen, z.B. bei der Vergabe von Medikamenten oder der Fütterung mit einer Spritze. Manche Schicksale und Krankheitsfälle der Hunde sind sehr schwerwiegend. Man sollte auch darauf vorbereitet sein und damit umgehen können. Im Projekt ist jeder herzlich willkommen und Angeles freut sich, wenn die Volunteers viel Eigeninitiative mitbringen und mit ihren Ideen das Projekt bereichern.

Potential und Ziele für die Zukunft

Das Projekt hat Potential und Angeles ist immer offen für Neues. Es ist ihr ganz persönliches Herzensprojekt. Damit gibt sie vielen fast verlorenen Tieren in Nicaragua wieder neue Hoffnung. In diesem Jahr konnte von den Spenden eine Transportbox gekauft werden, die die Besuche beim Tierarzt erleichtert. Gerade wird an einem Shelter im Hof gebaut, um diejenigen Fälle, die mehr Erholung brauchen, etwas von den anderen abgrenzen zu können. Momentan liegt Angeles Fokus auf Hunde, die sie auch selbst aufnimmt und behandelt. In Zukunft soll aber auch die Arbeit mit Pferdebesitzern weiter ausgebaut werden. Angeles ist außerdem gerade dabei, aus ihrem Tierschutzprojekt offiziell eine NGO zu gründen. Alles ist bereits eingereicht, jetzt muss noch alles bestätigt werden. Das ist gerade in Nicaragua ein sehr langwieriger Prozess. Es gibt bereits viele andere NGOs weltweit, die sich für den Tierschutz einsetzten. Angeles möchte sich gerne noch mehr vernetzen, insbesondere mit internationalen NGOs, wie zum Beispiel world vets, die in unterschiedliche Gebiete reisen und Gratisbehandlungen durchführen. Als eingetragene NGO und durch eine Zusammenarbeit mit anderen Tierschutzorganisationen hofft Angeles, dass noch viele weitere Projekte realisiert werden können.

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