Vom Bürojob zu den “Little Stars” nach Kenia

Voluntär mit Schulkindern in einer Schule in Kenia

Es war eine relativ spontan gefällte Entscheidung. Doch aus dem Hirngespinst wurde dann ganz schnell etwas Konkretes mit ganz tiefgehenden Erfahrungen. Nachdem der Job gekündigt war ging es direkt nach Kenia zu einer Grundschule auf der Insel Rusinga im Viktoriasee. Dort wollte ich die Little Stars Academy mit Freiwilligenarbeit unterstützen.

Da muss noch mehr sein…

…als jeden Tag zur Arbeit zu gehen: Ende 2014 beschloss ich gemeinsam mit zwei Freundinnen die tägliche Arbeit in Köln für eine ganze Weile hinter uns zu lassen und die Welt zu bereisen. Zu Beginn des Abenteuers sollte aber zunächst ein etwas längerfristiges soziales Engagement alleine an einem festen Ort sein. Durch das Internet war sehr schnell ein passendes Projekt in Kenia gefunden. Obwohl es dem Land im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern noch verhältnismäßig gut geht, eröffnet sich Reisenden aus Europa eine völlig andere Welt. Diese Erfahrung wird noch viel intensiver, wenn man sich etwas längerfristig in einem Projekt engagiert und so sehr nah mit den Menschen in Kontakt kommt. Man begegnet Kleinkindern, die noch nie einen weißen Menschen gesehen haben und anfangen zu weinen. Ebenso sind da aber auch wirklich unzählige lachende und winkende Kinder, die sich riesig freuen von einem Mzungu (Das Kisuaheli Wort für „weißer Mann“) gegrüßt zu werden oder vielleicht sogar die Hand zu schütteln. Sehr gerne fühlen sie auch wie sich denn die Haut und die Haare anfühlen. Aber mal ehrlich, wir wollen doch auch die kurzen und so krausigen oder schön geflochtenen Haare der Kinder einmal anfassen.

Tiefgehende Erfahrungen

Diese Möglichkeit ergab sich mir zu Hauf in der Little Stars Academy. Dort gibt es 300 Kinder und nicht nur die übliche Klasse eins bis acht, sondern auch eine Kindergarten- und Vorschulklasse. Besonders die Kleinsten verlieren sehr schnell die Scheu und freuen sich total über jede Zuwendung, auch wenn es dort natürlich Sprachprobleme gibt. Ab der ersten Klasse ist es aber durchaus möglich sich mit den Kindern auf Englisch zu unterhalten. Und die Großen sind sehr interessiert an allem was man zu erzählen hat und fragten mich nach dem Präsidenten der BRD. Da kann sogar eine improvisierte Politikstunde in der der Reichstag gezeigt wird und die Regierungsform erklärt wird für große Begeisterung sorgen.

Neben den schönen Erfahrungen mit dem Kontakt in der Schule gibt es aber auch Schattenseiten. Es dauert eine ganze Weile bis man sich an das Leben und die Selbstverständlichkeit von Armut, Krankheit und auch dem Tod gewöhnt. Wobei gewöhnen sicher das falsche Wort ist. Es ist eher damit zu beschreiben einen Weg zu finden, damit zu Recht zu kommen. So sind in den ersten drei Monaten während meines Aufenthaltes zwei Kinder der Schule gestorben. Die Tradition der Luos, so heißt der Volksstamm in diesem Gebiet von Kenia, feiern sehr fröhliche und vor allem lange Abschiede, bis der Leichnam nah beim Haus der Familie beigesetzt wird. Die Aufbahrung von Kindern in einem Sarg mit Sichtfenster geht schon tief unter die Haut und macht einen sehr nachdenklich. Ganz besonders, wenn alle Kinder der Schule zum Abschied nehmen vorbeigebracht werden.

 

Die Menschen haben immer Zeit für einen Plausch

Auch nach der Schule, auf der Straße und im Dorf sind Probleme allgegenwärtig. Viele erkennt man aber auch erst richtig, wenn man eine längere Zeit an einem Ort ist. Denn nur dann versteht man, dass die Art des Kochens oder der Toilette nichts über arm und reich aussagt. Der Bürgermeister hat genau so, wie arme Menschen eine Latrine hinter dem Haus. Und auch das Kochen auf offenem Feuer vor dem Haus ist kein Zeichen von Armut. So ist das in ländlicheren Gegeneden in Kenia ganz normal. Genau wie die vorherrschende Baumetode mit Holz und Wellblech ist überall zu sehen. Es gibt auf Rusinga Island nur eine Hand voll weißer und ab und an halt Volontäre.

Volunteer kommuniziert

Allerdings bleiben die wenigsten so lange und bekommen so allumfänglich mit, wie das Leben hier läuft. Alle Fremden aus Europa oder Amerika bekommen aber mit, dass die Menschen hier mit der immer hervorstechenden hellen Hautfarbe eins in Verbindung bringen: Geld. Bettelei, aufdringliche Gespräche oder vorgetäuschte Freundschaften sind leider täglich zu spüren. Sie trüben ein bisschen die Tatsache, dass fast alle Menschen unheimlich gastfreundschaftlich, hilfsbereit und offenherzig sind. Sie haben – anderes als in der Heimat – immer Zeit für ein freundliches Gespräch und zeigen großen Respekt gegenüber den (wie sie es selbst immer betonen) entwickelten Ländern. Ängste mit Dingen wie der Kolonialzeit, den Weltkriegen oder Rassismus konfrontiert zu werden sind absolut unberechtigt.

Meine Crowdfunding Kampagne

In der Little Stars Academy lag der Schwerpunkt meiner Mithilfe auf der Arbeit mit Computern. Alle Menschen hier sind furchtbar interessiert daran den Umgang mit Computern zu lernen. Als die Zeit vor Ort immer weiter voran schritt machte sich aber ein Gefühl in mir breit, dass ich nicht wirklich etwas hier lassen kann. Da kam mir die Idee meine Medien-, Foto- und Videokenntnisse zu nutzen und eine Spendenaktion zu starten. Diese so genannten Crowdfunding Kampagnen im Internet funktionieren am besten mit einem guten Video, Fotos und natürlich sehr viel Öffentlichkeitsarbeit.

Das Video zur Crowdfunding-Kampagne:

Hier geht´s zur Spendenaktion:

Tobias, die Lehrer, und vor allem die Kinder der Schule freuen sich über eine Spende, damit der Wunsch nach einer neuen Küche in Erfüllung geht.

>> Spendenaktion für die neue Küche der “Little Stars”

Eine neue Küche für die Schule

Die Küche der Schule, in der täglich für 160 Kinder gekocht wird ist in einem desolaten Zustand und ich habe schon länger gedacht, dass dort eine Investition nötig wäre. Ein besonderes Problem ist, dass der Rauch der Feuerstelle in die angrenzenden Klassenräume zieht. Ich hatte das Gefühl, dass sich dieses Problem gut in einem Video darstellen lässt und eine Sammelaktion Zuspruch findet. Nach ungefähr drei Wochen war die Aktion soweit, dass sie online gehen konnte. Es war nicht einfach die Verantwortlichen zu motivieren. Die Menschen hier wissen nicht über die Möglichkeiten der Arbeit am Computer oder über das Internet Bescheid. Es war also ein Menge Arbeit, die auch mir viel Motivation und Ehrgeiz abverlangte. Die Arbeit mit den Kindern vor der Kamera hat aber auch sehr viel Spaß gemacht. Es ist unbezahlbar zu sehen, wie sie einmal sorglos lachen, wenn sie sich selbst auf diesem komischen Gerät (Laptop) sehen. Das Video (mit deutschem Untertitel) enthält neben dem Spendenaufruf auch viele Bilder die zeigen, wie das Leben hier ist und wie der Alltag in der Schule abläuft.

Zeit um Abschied zu nehmen

Ende August ist die Zeit gekommen Abschied zu nehmen und die eigentlichen Reisepläne in Angriff zu nehmen. Die Menschen, vor allem die Kinder hier sind mir sehr ans Herz gewachsen. Es ist eine Bereicherung einmal zu sehen und zu spüren wie gut es uns geht und mit wie wenig die Menschen in anderen Ländern auskommen müssen.

Tobias´ Plädoyer für einen längerfristigen Einsatz

Ich kann nur jedem interessierten Menschen sagen:

Traut euch!

Besonders auch ein längerfristiges

Engagement zu wagen.

 

Zum Autor dieses Textes:

Tobias Regesch ist eigentlich Diplom-Medienwirt/-gestalter und lebt in Köln. Ende 2014 hat er aber beschlossen die Karriere erst einmal hintenan zu stellen und die Welt zu bereisen. Ziele, die nicht mit einfachen Touristentouren zu erreichen sind, reizen ihn besonders. Im heimischen Deutschland und den Nachbarländern geht er gerne auf Höhlentouren oder wandert durch die oft verkannten Landschaften um Orte vergangener Zeit zu entdecken. Soziales Engagement und Freiwilligenarbeit war schon immer ein wichtiges Thema für Tobias. Während der laufenden Reise von Afrika über Südamerika nach Kanada soll Volunteering und Woofing immer wieder ein wichtiger Bestandteil sein. Der Kontakt zu einheimischen Menschen ist ihm sehr wichtig um neue Sichtweisen zu bekommen und sich gegenseitig auszutauschen.